Baugeschichten aus dem Schutt zerschlagener Ziegel
LEGIO XXII PRIMIGENIA
Mit mehr als 2000 in Mainz gefundenen Ziegelstempeln hat die am längsten stationierte 22. Legion ihre Stellung als „Mainzer Hauslegion“ auch bei den Ziegelstempeln begründet. Zu den frühesten Ziegelstempeln am Rhein überhaupt gehört ein sehr charakteristischer Stempeltyp der 22. Legion, der um die Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr. in der Heeresziegelei von Rheinzabern (Pfalz) verwendet wurde und in Mainz mit mehr als 300 Exemplaren am häufigsten vertreten ist. Dieser Stempeltyp mit vertiefter Schrift in rechteckigem Feld und Ligaturen von LE bei LEGIO und PR bei PRIMIGENIA wird als „Typ Rheinzabern“ bezeichnet.
LEGIO XXII PRIMIGENIA PIA FIDELIS
Aus ihrer zweiten Mainzer Stationierungszeit stammen mehrere hundert verschiedene Ziegelstempeltypen der 22. Legion. Überaus typenreich ist die Frankfurt-Nieder Produktion im 2. Jahrhundert n. Chr. Ein kurzzeitiger erhöhter Bedarf zu Beginn des 3. Jahrhunderts führte zur Ziegelherstellung in Groß-Krotzenburg am Main und einem weiteren, bislang unbekannten Ziegeleiort. Im 4. Jahrhundert betrieb die Legion dann noch einmal eine Heeresziegelei am Rhein, und zwar in Worms.
LEGIO IIII MACEDONICA
Zusammen mit der 22. Legion lag während deren erster Mainzer Stationierung die 4. Legion im Kästrichlager. Mehr als 350 in Mainz gefundene Ziegel mit Stempeln dieser Legion sind um die Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr. in der Heeresziegelei von Rheinzabern gestrichen, gebrannt und für öffentliche Baumaßnahmen nach Mainz geliefert worden.
LEGIO I ADIVTRIX
Fast 200 Ziegelstempel der 1. Legion sind in Mainz ausgegraben worden. Zunächst wurde die Ziegelei in Rheinzabern von der Legion weiterbetrieben; im Zusammenhang des beginnenden Ausbaus des obergermani-schen Limes wurde der laufende Ziegeleibetrieb in die neu eingerichtete Ziegelei in Frankfurt a.M.-Nied verlagert.
LEGIO XIIII GEMINA MARTIA VICTRIX
Mehr als 400 Ziegelstempel der 14. Legion stammen aus Mainz. Zusammen mit jenen der 1. Legion bezeugen sie eine groß angelegte Ausbauphase der Römerstadt Mainz in flavischer Zeit, bei der Großbauwerke wie die Frischwasserleitung von Finthen zum Kästrich, einschließlich des Zahlbacher Aquäduktes entstanden. Für Großthermen mit gewaltigen Fußbodenheizungen wurden viele Ziegel benötigt, die wiederum aus Rheinzabern und später aus Frankfurt-Nied geliefert wurden.
LEGIO XXI RAPAX
Knapp zwanzig Ziegelstempel der 21. Legion aus Mainz stammen aus der kurzen Stationierungszeit in den 80er Jahren des 1. Jahrhunderts n.Chr. Ein einzelner Stempeltyp wurde in der Rheinzaberner Ziegelei verwendet, nach dem Umzug des Ziegeleibetriebes nach Frankfurt-Nied sind es mehrere Stempeltypen gewesen.
LEGIO VIII AVGVSTA
Die 8. Legion hatte ihr Standlager zuerst in Mirebeau (Bourgogne) und wurde danach (ähnlich der 22. Legion in Mainz) zur „Hauslegion“ des Straßburger Lagers. Die Einheit betrieb eine Heeresziegelei in Straßburg-Königshofen. Nur ganz vereinzelte Ziegelstempel der 8. Legion sind in Rheinzabern und Frankfurt-Nied hergestellt worden. Aus Mainz liegen immerhin 50 Ziegelstempel der 8. Legion vor. Offenbar hat der Mainzer Statthalter die Ressourcen seiner Provinz einschließlich der militärischen Ziegelproduktion frei disponiert und gelegentlich auch die Lieferung von Baumaterial aus dem Elsaß angeordnet.
COHORS IIII VINDELICORVM und COHORS XXIIII VOLVNTARIORVM CIVIVM ROMANORVM
Den Mainzer Legionen waren spezialisierte Hilfstruppen zugeordnet, die einige wenige Ziegelstempel in Mainz hinterlassen haben.
OFFICINA VRSI
Besonders in der Spätantike sind Ziegelstempel aus privatwirtschaftlich organisierten Ziegeleien, sogenannten privaten Figlinen, bekannt. Ein Beispiel aus Mainz sind die Stempel aus der Werkstatt des Ursus. Insgesamt sind diese Ziegelstempel am Rhein selten.